von Samuel Beckett
Premiere am 07.03.1987 am Staatsschauspiel Dresden
Regie: Wolfgang Engel
Das gnadenlose Nein des Samuel Beckett auf der Bühne
DDR – Erstaufführung am Staatsschauspiel Dresden
»[…] Ein zweites Paar erscheint, der Herr Pozzo und sein Gepäckträger Lucky.
Pozzo knallt mit der Peitsche, er führt und zerrt Lucky an einer Leine, die dem
»Schwein« um den Hals gelegt ist. Das »Schwein« leckt dem Peiniger die Hände,
will […] Roland May spielt den Pozzo, Matthias Nagatis den Lucky[…]«
Sächsische Zeitung, 10.03.1987
Souveräner Umgang mit Beckett
»Warten auf Godot« als DDR – Erstaufführung in Dresden
»[…] Matthias Nagatis, bisher kaum exponiert hervorgetreten, beeindruckt als Lucky.
Er verkörpert (und das wird geradezu schmerzhaft vorgeführt) die tiefste Stufe der
menschlichen Existenz, eine Kreatur, die zum Hund erniedrigt wurde. […] Bravourös,
wie er dieses vor Angst geschüttelte Menschenbündel darstellt, über das man mehr
weinen als lachen könnte […]«
Sächsisches Tageblatt, 13.03.1987
Warten auf Beckett
Zur jüngsten DDR – Erstaufführung im Staatsschauspiel
»Gewartet haben wir über drei Jahrzehnte auf diesen Beckett […] Der Dichter erhielt
den Literatur-Nobelpreis (1969) […] Das wird auf der Bühne akzentuiert in der Begegnung
mit dem seltsamen Gespann, brutaler Herr und winselnder Diener, Pozzo (Roland May)
und Lucky (Matthias Nagatis) […] Nagatis hat in glänzender Parodie intellektuelle
Wortgebirge aufzutürmen, automatenhaft, angetrieben von Pozzo zu entlarvender
und lächerlicher Sinnlosigkeit. Das war einen Sonderapplaus wert, wie überhaupt
sein so beredtes stummes Spiel beeindruckte […]«
Neueste Nachrichten 14./15.03.1987
Narrenspiel und Hoffnung auf Veränderung
Zur DDR – Erstaufführung von „Warten auf Godot“ von Samuel Beckett in Dresden
»[…] Erstaunlich geradezu die Leistung des Matthias Nagatis als Lucky, so eine Form
von Tanzbär, das Zeigen von Entwürdigung und Verkrüppelung - und die satirische
Rede auf apologisierende Wissenschaft war eine Glanznummer […]«
NEUE ZEIT 18.03.2013
Das Prinzip Hoffnung
Wolfgang Engel inszenierte die DDR – Erstaufführung von »Warten auf Godot«
»Zu ihnen stößt, in jedem Akt einmal, ein anderes Paar, […] Pozzo (Roland May) und
Lucky (Matthias Nagatis, dem einige der stärksten darstellerischen Momente gelingen),
Herr und Sklave, Gewaltmensch und willfährige Kreatur, Machthaber und Macht
stützender dressierter Intellektueller […]«
Union, 19.03.1987
Warten in Dresden
»Dieser Herr Godot. Seit 35 Jahren lässt er auf sich warten. Nun auch in Dresden.
Und auch da heißt es nach zwei Stunden: aber morgen wird er kommen, bestimmt […]
kommen Pozzo und Lucky in die Arena. […] Der Lucky Matthias Nagtis´ ist ein Fabelwesen,
halb Knecht, halb Hund. Auf das Stichwort »Danke!« übergießt er die Bühne förmlich
mit seinem wirren Redeschwall. Zu stoppen erst, als man ihm den Hut vom Kopf reißt […]«
Die Weltbühne, 24.03.1987
»Warten auf Godot« als deftiges Clowsspiel
Beckett – Stück gelangte am Staatsschauspiel Dresden zur DDR - Erstaufführung
»… Ein gewichtiges Kriterium für seine Lesart findet der Regisseur
interessanter Weise bei Beckett selbst, und zwar in den Gestalten Pozzo und Lucky […]
Lucky(Matthias Nagatis) ist ein von Pozzo (Roland May) mit der Peitsche zum Hund
geprügelter, degradierter Mensch. […]«
Neues Deutschland 07.05.1987
Optimist schon in der DDR: Intendant Wolfgang Engel nimmt Abschied
vom Schauspiel Leipzig. Für das (ost)deutsche Theater ist das wahrlich eine Zäsur.
»[…] Zwei Jahre vor der Wende war die Bühne jenes Staatsschauspiels eine Art Zirkusmanege,
und plötzlich flogen von links und rechts zwei Clownshüte auf die noch leere Szene,
zwei schwarze Melonen. Das waren die Kopfbedeckungen von Wladimir und Estragon,
und so begann, nicht in Ostberlin, sondern an der Elbe die DDR-Erstaufführung von
»Warten auf Godot«. Das Jahrhundertstück des im Realen Sozialismus als westlich dekadent,
absurd und zersetzend erachteten Herrn Beckett. Statt 800 Zuschauern drängten über tausend
ins Theater, die Vorstellung konnte erst verspätet anfangen, und als das Premierenpublikum
bereits eine Zensur in letzter Minute befürchtete, rief der Regisseur Engel den Zuschauern
entgegen: »Jetzt haben wir 35 Jahre auf das Stück gewartet, nun sollten wir noch
eine Viertelstunde ertragen!«
Der Tagesspiegel 05.07.2008